Philip Flacke, M.A.

Wissenschaftlicher Mitarbeiter

Universitätsstraße 150
44801 Bochum 
Raum GB 5/139

philip.flacke@rub.de

Promotionsprojekt

Der Nürnberger Handwerker Hans Sachs (1494–1576), schreibend im Angesicht der konkurrierenden Wahrheitsansprüche der Reformationszeit, beteiligt sich an deren diskursiver Verhandlung und Durchsetzung mit den multimedialen Strategien eines dichtenden „printing native“ (Thomas Kaufmann). Seine Texte und die damit verbundenen Bilder und Aufführungen machen dabei Modi, Bedingungen und Effekte des wahren und unwahren Sprechens in einer Weise selbst zum Thema, dass sein Werk eine umfassende Typologie der Wahrheit und Unwahrheit entfaltet. Insofern stellt Sachs eine Schlüsselfigur zur Erforschung von Wahrheit zur Zeit der Ersten Medienrevolution dar. Das vielfältige Untersuchungskorpus dokumentiert diesen Aspekt: Dazu gehören Handschriften und Drucke wie Flugblätter und Flugschriften bis hin zur von Sachs selbst herausgegebenen mehrbändigen Werkausgabe, ergänzt um zeitgenössische Quellen zur Rekonstruktion von Aufführungspraktiken und Rezeption im In- und Ausland.

Das Material zeigt, dass Wahrheit und Unwahrheit darzustellen stets auch ein Behaupten bedeutet. Die vorläufige These lautet, dass Sachs bei der Reflexion von Wahrheit und Unwahrheit in unterschiedlichen Gattungen teils unterschiedliches Publikum und unterschiedliche Rezeptionsbedingungen der reformationszeitlichen Medienlandschaft gezielt bedient, um auf je spezifische Weise Evidenz zu suggerieren. Evidenz meint dabei im Sinne der Rhetorik die „Herstellung einer Wahrheitssuggestion“ (Jan-Dirk Müller): Ein Sachverhalt wird auf eine Weise dargestellt, die ihn unmittelbar und aus sich selbst heraus einleuchtend erscheinen lässt. So werden einschlägige Abstrakta bei Sachs veranschaulicht durch Mittel wie Personifikation oder Prosopopöie (Frau Wahrheit), eine Charaktereigenschaft illustrierende Figuren (der Klaffer, der verlogene Edelmann), narrative oder dialogische Ausgestaltung oder komplexe Allegorien (der Lügenberg). Dabei kommt es vor, dass beispielsweise dieselbe Personifikation im Zusammenspiel verschiedener Medien auftritt, das Medium oder die Gattung wechselt, und es so ermöglicht, Sachs’ spezifische Strategien kontextspezifischer Evidenzherstellung genau nachzuverfolgen.

Vita

Seit 02/2025: Kollegiat im GRK 2945 „Wissen – Glauben – Behaupten. Wahrheitsproduktion und Wahrheitsdurchsetzung in der Vormoderne“ an der Ruhr-Universität Bochum

10/2024–03/2025: Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Seminar für Deutsche Philologie der Georg-August-Universität Göttingen: Koordination der Abteilung Komparatistik, Fachstudienberater des M.A.-Studiengangs Komparatistik (Vertretung für PD Dr. Katerina Kroucheva)

09/2023–03/2025: Wissenschaftliche Hilfskraft am Seminar für Deutsche Philologie der Georg-August-Universität Göttingen (Lehrstuhl Prof. Dr. Heike Sahm)

04/2024–06/2024: Forschungspraktikum an der University of Oxford (Lehrstuhl Prof. Dr. Henrike Lähnemann)

10/2023–03/2024: Lehrauftrag am Germanistischen Institut der Universität Münster

10/2012–08/2023: Studium der Deutschen und Englischen Philologie (B.A.), Kunstgeschichte und Philosophie (B.A.), Neueren Deutschen Literatur und Komparatistik (M.A.) an der Georg-August-Universität Göttingen

01/2023–03/2023: Studienaufenthalt an der Università Ca’ Foscari Venedig (Förderung durch den DAAD im Programm PROMOS)

05/2022–11/2022: Co-Moderation des Leseclubs im Literaturhaus Göttingen

06/2015–05/2021: Studentische Hilfskraft am Seminar für Deutsche Philologie der Georg-August-Universität Göttingen (Lehrstuhl Prof. Dr. Heike Sahm)

Publikationen

Editionen

Heliand und altniederdeutsche Genesis. Text, Übersetzung, Kommentar, hg. mit Heike Sahm und Paul Langeslag, Berlin / Boston (De Gruyter Texte) (erscheint vsl. 2026).

Hans Sachs: ‘Canon and Cobbler’. A Reformation Dialogue in German, Dutch, and English, hg. mit Nicholas Champness, David Hirsch, Henrike Lähnemann und Timothy Powell, Oxford 2024 (Treasures of the Taylorian. Series One: Reformation Pamphlets 7) (zugleich als Online-Edition in den Taylor Editions: https://historyofthebook.mml.ox.ac.uk/hans-sachs-in-oxford/).

Aufsätze

Mit Heike Sahm: Altniederdeutsche Literatur, in: Paul Langeslag et al. (Hgg.): Die Anfänge germanischsprachiger Literaturen. Ein interdisziplinäres Studienbuch, Darmstadt 2024, S. 419–458 (https://www.herder.de/wissen/shop/p8/89097-die-anfaenge-germanischsprachiger-literaturen-open-access-pdf/).

Mit Paul Langeslag, Roland Scheel und Michael Schwarzbach-Dobson: Historiografie und Konzeptionen von Zeit, in: Paul Langeslag et al. (Hgg.): Die Anfänge germanischsprachiger Literaturen. Ein interdisziplinäres Studienbuch, Darmstadt 2024, S. 629–675 (https://www.herder.de/wissen/shop/p8/89097-die-anfaenge-germanischsprachiger-literaturen-open-access-pdf/).

Naturordnung und Naturunordnung in Torquato Tassos Aminta, in: Horizonte, Neue Serie – Nuova Serie 9 (2024) (http://hdl.handle.net/21.11108/HZ-0000-0007-FE23-4-09-2024).

Kein reines Bibliophilenidyll. Beginn einer kritischen Geschichte der Göttinger germanistischen und skandinavistischen Seminarbibliotheken, in: Litlog (http://www.litlog.de/kein-reines-bibliophilenidyll/), 14.02.2020.

Das schreibende Ich behaupten. Werkschau der Romanautorin Maria Anna Sagar, in: Litlog (https://www.litlog.de/das-schreibende-ich-behaupten/), 05.10.2019.

Rezension

Mit den Augen der Anakreontikerin. Rezension der Neuausgabe von Johanne Charlotte Unzers Versuch in Scherzgedichten, hg. von Michael Multhammer, in: Litlog (https://www.litlog.de/mit-den-augen-der-anakreontikerin/), 03.03.2022.

Herausgeberschaft

Litlog: Göttinger eMagazin für Literatur – Kultur – Wissenschaft (https://www.litlog.de) (Mitherausgeber 2023–2025).

Ausstellungen und Katalog

Mit Mary Boyle und Timothy Powell: Epic! Homer and the Nibelungenlied in Translation, Oxford 2024 (Treasures of the Taylorian. Series Three: Cultural Memory 7) (Ausst.-Kat. Oxford, Taylor Institution Library, 20.–27.05.2024) (https://historyofthebook.mml.ox.ac.uk/epic-homer-and-nibelungenlied-in-translation/).

Mit Jana August et al.: Computersinne. Wie Magnetband, Binokular, Computermaus und Lochkartenlocher unseren Blick auf das Digitale verändern (2021) (https://computersinne.gbv.de).

Feuilleton- und Blogbeiträge (in Auswahl)

10 rules for an Oxford internship you’d regret not knowing, in: History of the Book (https://historyofthebook.mml.ox.ac.uk/10-rules-for-an-oxford-internship-youd-regret-not-knowing/), 3.9.2024.

Buchstabe sucht Papa. Eine Liebeserklärung, in: Litlog (https://www.litlog.de/buchstabe-sucht-papa/), 18.12.2020.

An der Grenze. Bericht über die Göttinger Poetikvorlesung von Monika Rinck, in: Litlog (https://www.litlog.de/an-der-grenze/), 7.2.2019.

0,0340:1. Rezension von Friedrich Achleitners wortgesindel, in: Litlog (https://www.litlog.de/003401-2/), 18.9.2015.