Marie Kemper, M.A.
Wissenschaftliche Mitarbeiterin

Universitätsstraße 150
44801 Bochum
Raum GB 5/34
Promotionsprojekt
Der apostolische Habitus. Urkirchliche Topoi als Strategie in mittelalterlichen Wahrheitsdiskursen
Die Behauptung, den Aposteln nachzufolgen, war seit der Antike eine populäre Strategie, um eine religiöse Lebensform zu legitimieren. Da der Anspruch, apostolisch zu leben, von den Vertreter*innen unterschiedlicher Lebensformen erhoben wurde, fielen die Antworten auf die Frage, welche Praxisformen apostolisch seien und einen apostolischen Habitus konstituierten, jedoch verschieden aus. Mittelalterliche Gesellschaften operierten folglich mit einem teils widersprüchlichen Wissensbestand über das einzig „wahre“ Set von apostolischen Praxisformen, und die Behauptung, Träger*in des einzig „wahren“ apostolischen Habitus zu sein, war immer in einen sozialen Aushandlungsprozess über den Wert einer Lebensform eingebettet.
Das sozialgeschichtliche Promotionsprojekt untersucht dieses Verhandlungsmoment aus einer praxeologischen Perspektive. Ausgangspunkt ist das 13. Jahrhundert, da die zu dieser Zeit aufkommenden Mendikantenorden in den gängigen Meistererzählungen oft als Höhe- und Schlusspunkt der (teleologisch gedeuteten) vormodernen Apostolizitätsdebatte betrachtet werden, sodass die nach wie vor heftig ausgetragenen, sowohl ordensintern als auch -extern geführten Debatten über den „wahren“ apostolischen Habitus und dessen (Nicht-)Kompatibilität mit der Lebensweise der Bettelorden bisher lediglich schlaglichtartig beleuchtet wurden.
Zentrale Fragen lauten, wie die Akteur*innen ihre „Wahrheiten“ über den apostolischen Habitus medial aufbereiteten, welche Kommunikationswege und -mittel sie nutzten, um sich (öffentlichkeitswirksam) zu den einzig „wahren“ Trägern eines apostolischen Habitus zu stilisieren, und von welchen (politischen, sozialen und wirtschaftlichen) Faktoren ihre Motivation, auf Apostolizität zu rekurrieren, und ihr (Miss-)Erfolg bei diesem Unterfangen abhingen. Berücksichtigt werden sowohl ausschließlich textuell erzeugte soziale Imaginaria als auch Bilder und Reliquien.
Vita
Seit 01/2025: Kollegiatin im GRK 2945 „Wissen – Glauben – Behaupten. Wahrheitsproduktion und Wahrheitsdurchsetzung in der Vormoderne“ an der Ruhr-Universität Bochum
12/2024: Niedersachsenstipendium 2024
02/2024: Stipendium für Studierende des Fördervereins der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart für die Teilnahme an der Tagung „Hagiographie interdisziplinär“ (11.04.2024-13.04.2024)
10/2023: Teilnahme am Romkurs des DHI Rom
04/2023-01/2025: MA-Studium der Geschichtswissenschaft (Hauptfach) und Lateinischen Philologie (Nebenfach) an der Georg-August-Universität Göttingen, Abschluss mit Auszeichnung
10/2022-12/2024: Studentische Hilfskraft in dem DFG-Projekt „Eremitismus und die Kultur der Einsamkeit im mittelalterlichen Reich, 900-1300“ an der Georg-August-Universität Göttingen
10/2019-03/2023: BA-Studium der Geschichtswissenschaft und Lateinischen Philologie (fachwissenschaftliches Profil) an der Georg-August-Universität Göttingen
Publikationen
Die feinen Unterschiede zwischen einem Einsiedler und einem Apostel. Über den Zweck der Eremitendarstellung in der ersten Franziskusvita des Thomas von Celano, in: Frühmittelalterliche Studien, erscheint voraussichtlich 2025.
Das Redegeschehen des Merciless Parliament (1388) im Spiegel der zeitgenössischen Parlamentsaufzeichnungen, Chroniken und Flugschriften, in: Concilium medii aevi 25, 2022/23, S. 47-113.