Stephan Köhli, M.A.
Assoziierter Kollegiat
Universitätsstraße 150
44801 Bochum
Raum GB 4/151
Promotionsprojekt
Astrologie in Nürnberg vor und um 1500
Die spätmittelalterlichen Astrologen waren der Auffassung, dass von allen artes besonders die Sternenkunde der Wahrheit verpflichtet sei. Das erklärt auch, weshalb sie an den Höfen Lateineuropas vielkonsultierte Experten waren. Wie aber sah dies in Städten aus? In Nürnberg etwa ließ sich wegen der dortigen Gelehrtenkultur 1471 Regiomontan nieder. Er war damit der erste in einer ganzen Reihe von Nürnberger Astrologen: Bernhard Walther, Johannes Schöner oder Johannes Werner wählten Nürnberg ebenfalls als Wirkstätte.
Es verwundert daher nicht, dass das Patriziat als Auftraggeber und Produzenten astrologischen Materials auftraten. Dieses Material hing in unterschiedlicher Weise eng mit Wahrheit zusammen: So wurde die Sternenkunde ganz konkret zur Produktion wahrer, alltäglich anwendbarer Informationen genutzt, etwa bei der Grundsteinlegung eines Gebäudes, der Rechtfertigung einer politischen Tagesmeinung oder der Diagnose einer Krankheit. Im ausgehenden Mittelalter geriet gerade die Horoskopie in Kritik durch Skeptiker, was spätestens seit Augustinus von Hippo immer wieder in Schüben geschah. Diese neuerlichen Ansätze einer Astrologiekritik schlugen sich durchaus im gelehrten Diskurs der Stadt Nürnberg nieder. Die Wahrheitswissenschaft selbst musste erneut ihren Wahrheitsanspruch verteidigen, auch wenn sie diesen Kampf erst im 17. Jahrhundert verlieren würde.
Im Zentrum des Projektes steht die gesamte Breite der Nürnberger Überlieferung: Humanistische Schriftstücke, Briefe, Horoskope und astrologische Gutachten, aber auch Ratsprotokolle, Rechnungen oder Reiseberichte. Hinzu kommen außerdem erhaltene materielle Quellen wie Globen und astrologisches Werkzeug. Wie gehen Astrologen vor, um Wissen zu produzieren, das sie im städtischen Raum als wahr präsentierten, verteidigten und ja: auch verkauften? Wie beteiligen sich die regen Nürnberger Humanistennetzwerke an den astrologisch-astronomischen Diskursen der Zeit? Inwiefern nahm die Astrologie ganz konkret Einfluss auf das städtische Leben?
Vita
Seit 06/2025: Assoziierter Kollegiat im GRK 2945 „Wissen – Glauben – Behaupten. Wahrheitsproduktion und Wahrheitsdurchsetzung in der Vormoderne“ an der Ruhr-Universität Bochum
seit 10/2022: Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Historischen Institut und Koordinator am Centre for Medieval and Renaissance Studies der Ruhr-Universität Bochum
06/2021-09/2022:
Wissenschaftliche Hilfskraft an der Professur für Geschichte des Mittelalters unter besonderer Berücksichtigung des späten Mittelalters an der RUB
04/2020-09/2022:
M.A.-Studium der Medieval and Renaissance Studies (Kernbereich Geschichte) an der Ruhr-Universität Bochum; Abschlussarbeit: Beide weip vnde man? Geschlechterbilder und ihre Konstruktion im „Welschen Gast“ des Thomasin von Zerklaere
10/2019-03/2020: M.A.-Studium der Geschichte an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
01/2015-09/2019:
Studentische Hilfskraft und Tutor am Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte und Historische Hilfswissenschaften an der JMU
04/2012-09/2019:
B.A.-Studium der Geschichte, Europäischen Ethnologie/Volkskunde an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg; Abschlussarbeit: Achilles Teutonicus – Das Feldherrenbild des Markgrafen Albrecht von Brandenburg († 1486)